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Berlin: Keine Waffenproduktion im Wedding
Über 1500 Menschen demonstrierten gegen Aufrüstung in der Hauptstadt
Der Rüstungskonzern Rheinmetall gehört zu den Kriegsgewinnern. Mit der militärischen Zeitenwende hat sich der Wert der Konzernaktien vervielfacht. Nun stellt Rheinmetall an mehreren Standorten in Deutschland die Produktion um: Wo bisher zivile Güter produziert wurden, sollen künftig Rüstungsgüter hergestellt werden. So auch im Berliner Ortsteil Wedding bei der Tochterfirma Pierburg.
Doch dagegen regt sich Widerstand. Am Samstag haben circa 1500 Antimilitarist*innen unter dem Motto »Kein Rheinmetall im Wedding« dafür demonstriert, dass Geld für Soziales statt für Rüstung ausgeben wird. Organisiert wurde die Protestaktion von der Weddinger Basisgruppe der Partei Die Linke sowie von zahlreichen kommunistischen und sozialistischen Gruppen, wie der Stadtteilorganisation »Hände weg vom Wedding« und den linken Kleinstparteien DKP und Mera25.
Kein Schild und kein Firmenlogo weist darauf hin, dass das weitläufige Werksgelände zwischen den S-Bahnstationen Gesundbrunnen und Humboldthain zum Rheinmetall-Konzern gehört. Doch in der letzten Zeit sind dort Kameras errichtet worden. Seit bekannt wurde, dass in der Scheringstraße Rüstungsgüter produziert werden sollen, haben die Proteste zugenommen. Schon am 30. April sind rund 850 Menschen anlässlich der antikapitalistischen Vorabendemonstration von »Hände weg vom Wedding« vor das Werksgelände gezogen.
Zahlreiche Initiativen der Palästina-Solidarität waren mit Fahnen und Sprechchören bei der Demonstration am Samstag nicht zu überhören und zu übersehen, was nicht allen Demonstrationsteilnehmer*innen gefallen hat. »Ich hätte mir gewünscht, dass nach außen deutlicher wird, dass es sich um eine antimilitaristische Demonstration handelt«, sagte die Erika, die mit protestierte. Im Aufruf zur Demonstration heißt es: »Auch das israelische Militär setzt Panzerkanonen und Munition von Rheinmetall im Gaza-Genozid ein, bei dem seit dem 7. Oktober 2023 mehr als 62 000 Palästinenser*innen getötet und 1,9 Millionen vertrieben wurden.«
In vielen Redebeiträgen gibt es prägnante Kritik an den Erscheinungen der militaristischen Zeitenwende im Alltag. Ein Aufruf an die Beschäftigten des Werks blieb aber ohne Resonanz. Am Samstagnachmittag waren keine Arbeiter*innen auf dem Firmengelände zu sehen. Vertreter*innen des Sozialistischen Deutschen Studierendenbund (SDS) teilten mit, dass auch an den Hochschulen die Zivilklauseln mißachtet werden und die Forschung an Rüstungsprojekten zunimmt.
Ein weiteres Beispiel für den Alltagsmilitarismus gab eine Demonstrationsteilnehmerin: »Ich habe heute in Berlin-Mitte eine Straßenbahn gesehen, die ganz in Tarnfarben bemalt war. Dort wurde für die Bundeswehr geworben«.
Auch eine Gruppe von Gewerkschafter*innen gegen Militarismus waren mit einen Transparent vertreten. Zu ihnen gehörte Jochen Gester, der sich seit vielen Jahren in der Berliner IG-Metall für Internationalismus und gegen Kriegspolitik einsetzt. Die hohe Teilnehmer*innenzahl und die Präsenz vieler junger Menschen auf der Demonstration sieht Gester als ermutigendes Zeichen, dass Antimilitarismus auch junge Menschen bewegt und keine Generationenfrage ist.
In den nächsten Wochen wird es in der Hauptstadt weitere Gelegenheiten geben, das deutlich zu machen. So wurde in einem Redebeitrag zu Protesten gegen den Veteranentag am 15. Juni aufgerufen. Das Bündnis »Rheinmetall Entwaffnen« warb auf einem Transparent für ihr bundesweites antimilitaristisches Protestcamp, dass in diesem Jahr vom 25. bis zum 28. August in Köln stattfindet. Neben Diskussionsveranstaltungen soll es dort auch wie in den bisherigen Camps in Unterlüss, Kassel und Kiel auch um antimilitaristische Praxis gehen.
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