Pflegegeld als Lohnersatz

Familienministerin fordert Sozialleistung für pflegende Angehörige

Die Hand einer Pflegefachkraft liegt auf der Hand einer Bewohnerin eines Seniorenheims. In Heimen wohnen in Deutschland die wenigsten Pflegebedürftigen.
Die Hand einer Pflegefachkraft liegt auf der Hand einer Bewohnerin eines Seniorenheims. In Heimen wohnen in Deutschland die wenigsten Pflegebedürftigen.

Berlin. »Es wird mit unserer demographischen Entwicklung nicht möglich sein, dass Pflege allein von Fachkräften geleistet wird«, sagte die neue Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Daraus folge, es müsse eine neue Sozialleistung eingeführt werden: ein Familienpflegegeld als Lohnersatz für pflegende Angehörige.

Wie das konkret aussehen könnte, dazu machte Prien keine Angaben. Es gebe »viele Varianten«. Unter anderem nannte sie die Bezugsdauer, die Höhe oder eine soziale Staffelung des Pflegegelds. Im Koalitionsvertrag findet sich dazu ein Prüfauftrag. Laut Prien könne die Sozialleistung ohnehin nur eingeführt werden, wenn das wirtschaftlich möglich sei.

Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffa forderte indes im Gespräch mit dem »Tagesspiegel«, 4,7 Milliarden Euro in die Pflege zu investieren. Zwei Milliarden Euro davon seien demnach nötig, »um aus Pflegezeit und Familienpflegezeit ein alltagstaugliches Entlastungsangebot zu machen«.

»Was sie als großen Wurf verkauft, ist bislang kaum mehr als eine planlose Überschrift mit Fußnote.«

Evelyn Schötz Die Linke

Sozialverbände wie der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Sozialverband Deutschland begrüßen den Vorschlag Priens in ersten Reaktionen und schlagen eine sozial gestaffelte Ausgestaltung analog zum Elterngeld vor. Konzepte dazu liegen bereits seit Jahren vor. Auch die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Elke Hannack, sieht in dem Vorstoß einen »längst überfälligen Schritt«. Darüber hinaus brauche es verbesserte Ansprüche auf Kündigungsschutz und Freistellung gegenüber dem Arbeitgeber.

Evelyn Schötz, Pflegeexpertin der Fraktion Die Linke im Bundestag, kritisiert Prien dagegen als »Ankündigungsministerin«. »Was sie als großen Wurf verkauft, ist bislang kaum mehr als eine planlose Überschrift mit Fußnote. Es fehlen konkrete Rahmenbedingungen, ein klarer Zeitplan – und es gibt einen massiven Finanzierungsvorbehalt«, so Schötz. Simone Fischer, Sprecherin für Pflegepolitik der Grünen, betont, den Worten der Familienministerin müssten nun Taten folgen: »Ankündigungen allein helfen niemandem.«

In Deutschland sind laut Daten des Statistischen Bundesamts rund 5,7 Millionen Menschen auf Pflege angewiesen. Beinahe 5 Millionen und damit über 80 Prozent der Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt. Davon beziehen 3,1 Millionen ausschließlich Pflegegeld, werden also privat gepflegt. syk/Mit Agenturen

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